Feierliche Enthüllung des Gedenksteins für sechs Rödersheimer Opfer des Nationalsozialismus

Feierliche Enthüllung des Gedenksteins für sechs Rödersheimer Opfer des Nationalsozialismus

Veröffentlicht am 18.05.2022
Autor: Andrea Clemens

Rödersheim-Gronau. Nun ist das Schicksal von sechs Rödersheimer Juden für die Nachwelt in Stein gemeißelt. Am Sonntag wurde auf dem Rödersheimer Friedhof eine Stele enthüllt, die an ihre Ermordung während des Nationalsozialismus erinnert. Das war auch das erfolgreiche Ende eines langen Wegs für die Initiatoren. 2020 waren Wolfgang Ettmüller und Norbert Amberger von der Geschichtswerkstatt des Turnvereins Rödersheim (TV) auf die Schicksale von Elias Reiss, Richard Reiss, Alice Reiss, Isidor Heim, Paula Kahn und Rosalie Mann (beide geborene Heim) aufmerksam geworden. Um sie aus ihrer Anonymität zu holen, setzten sie sich für die Errichtung eines Gedenksteins ein. Nach zwei Jahren, die es von der Idee bis zur Umsetzung dauerte, stehen nun ihre Namen auf der Stele, die am Rand des zukünftigen Memoriamgartens auf dem Rödersheimer Friedhof aufgestellt wurde. Entworfen und hergestellt hat diese die Bildhauerin Janet Weisbrodt-Barth. Zusätzlich informiert eine 24-seitige Broschüre über ihre Schicksale, der Text ist auch über einen QR-Code auf einer Tafel neben der Stele abrufbar.

Gäste der feierlichen Enthüllung waren Vertreter aus der Landes- und Kommunalpolitik, Ortsbürgermeister Thomas Angel (FWG), Vertreter der christlichen und jüdischen Konfessionen und der Vereine im Ort. Wolfgang Ettmüller von der Geschichtswerkstatt erzählte von den Schicksalen der vier Ermordeten und zwei Emigrierten Rödersheimer Juden und gab ihnen damit Gesicht und Stimme. Boris Karasik vom Bund Jüdischer Studierender Baden berichtete in seiner Rede über das vielfältige und aktive junge jüdische Leben in Deutschland. „Wir sind da und wir wollen dableiben. Wir sind ein Teil von Deutschland“, sagte er eindringlich und rief zum Dialog auf, denn „oft wird über uns geredet, aber selten mit uns“.

Der ehemalige Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) dankte den Initiatoren und Spendern für ihr Engagement für die Demokratie und gegen Antisemitismus, falsche Gedanken und Hass, denn diese Wirkung habe die Stele. Zudem werde damit den Ermordeten einen Namen gegeben, an sie erinnert und ihnen Respekt gezollt. Der Standort auf dem Friedhof sei genau richtig, denn an einem solchen Ort kommen die Menschen mit innerer Einkehr, denken über das Geschehene nach und auch über falsche Entwicklungen in unserer Gesellschaft.

Und auch Dieter Burgard, bis Anfang 2022 der erste Beauftragte für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen des Landes Rheinland-Pfalz, mahnte: Eine aktive Haltung gegen Antisemitismus sei mehr denn je erforderlich, da „Menschen wieder Angst haben und Koffer packen“. Zum Gebet luden die beiden Ortspfarrer, Michael Hergl und Christian Mundt, der Vertreter der jüdischen Kultusgemeinde Rheinpfalz, Jaroslaw Nechiatjilo, sowie der rheinland-pfälzische Landesrabbiner David Schwezoff ein.